Von einer Blutegeltherapie beim Pferd habe ich zwar schon mal gehört, jedoch hatte ich damit noch keinerlei Erfahrung. Als sich bei Melody herausstellte, dass das mit der Lahmheit doch eine längere Sache ist, hat unsere Tierärztin uns vorgeschlagen es mal mit Blutegeln zu probieren.
Wichtig
Dieser Beitrag ersetzt keinen Tierarztbesuch und ebenfalls sollte man sich vorher sehr genau über die Blutegelbehandlung informieren bzw. beraten lassen. Man sollte die Tierchen an der richtigen Stelle ansetzen und wie beim Menschen auch darf in manchen Fällen keine Blutegeltherapie durchgeführt werden.
Ich habe keine Fortbildung o.ä. absolviert, sondern mir selbst das Wissen angeeignet. In diesem Blogbeitrag berichte ich über meine Erfahrungen.
Warum Blutegel?
Blutegel sind sehr sensible und durchaus anspruchsvolle kleine Tierchen. Sie mögen eine glatte Haut (also keine Stoppeln), reagieren sehr sensibel auf Gerüche und sind temperatur- sowie stressempfindlich. Man muss sich auf jeden Fall Zeit für die Behandlung nehmen und das ganze ruhig angehen. Vor allem der Zeitfaktor führt dazu, dass viele Tierärzte solch eine Behandlung nicht anbieten. Es gibt aber auch Pferdephysiotherapeuten die u.a. eine Behandlung durchführen. Diese können i.d.R. dann auch Blutegel besorgen. In unserem Fall ging es um eine Entzündung wo wir die Stelle genau gesehen haben. Blutegel kann man aber bei verschiedenen Beschwerden einsetzen, daher im Zweifel einfach mal den Tierarzt oder einen Therapeuten fragen ob eine Behandlung sinnvoll sein kann. Neben Entzündungen können sie auch z.B. bei Arthrose, akuter Rehe oder einem Abszess helfen.
Da wir nicht zu lange mit der Behandlung warten wollten, haben wir uns entschlossen sie selbst durchzuführen. Dafür habe ich mich ausgiebig informiert. Neben dem Internet habe ich ausführlich mit unsere Tierärztin und einer Physiotherapeutin gesprochen. Im Prinzip kann man nicht viel falsch machen, wenn man weiß an welche Stelle sie gesetzt werden müssen.
Wenn die Blutegel beißen, dann geben sie mit ihrem Speichel einen kleinen „Medizincocktail“ mit über 40 Inhaltsstoffen ab der u.a. schmerzlindernd, entzündungs- und gerinnungshemmend wirkt.
Blutegel bekommt man in manchen Apotheken auf Rezept, diese kommen aus einer bestimmten Zucht und sind steril. Man darf auf keinen Fall Egel nutzen, die schon mal an einem anderen Tier etc. waren, da sie dann natürlich Krankheiten übertragen können.
Unsere Behandlung
Wichtig ist, dass das Pferd am besten 2-3 Tage vor der Behandlung weder Medikamente bekommt, noch z.B. mit einem Gel eingerieben wird. Denn wenn die Stelle zu sehr riecht oder sich im Blut gewisse Substanzen befinden, kann das dazu führen, dass die Egel nicht beißen. Medikamente hat Melody eh nicht bekommen, wir haben nur mit einem Gel und Lehm gearbeitet. Ca. 2 Tage vor der Behandlung haben wir dann das Bein mit warmen Wasser abgewaschen und anschließend nichts mehr drauf gemacht. Um uns etwas Arbeit zu ersparen, habe ich die Stelle vorab geschoren, weil das bei dem Winterfell nur mit einem Einmalrasierer doch sehr umständlich gewesen wäre. Die Feinheiten haben wir dann am Tag der Behandlung mit einem Rasierer gemacht.
Damit die Egel nach dem Saugvorgang nicht auf den Boden fallen und dort evtl. platt getreten werden, habe ich eine Hufglocke falsch herum ans Pferd gemacht. Das war ganz praktisch, weil sie dort rein gefallen sind. Mit Einmalhandschuhen hat meine Mutter die Blutegel aus dem Wasser gefischt und mir in eine 50ml Spritze gelegt, welche wir vorne aufgeschnitten haben. Damit habe ich die Blutegel dann ans Bein gesetzt. Man braucht zwar etwas Geduld aber es ging dann doch recht schnell.
Man sollte unbedingt Einmalhandschuhe anziehen, damit sich die Egel nicht am Finger festsaugen. Einer hat sich bei uns sogar direkt am Handschuh festgesaugt. Haben die Egel nämlich ein mal richtig gebissen, lassen sie so schnell nicht mehr los. Den Handschuh kann man dann problemlos ausziehen und da dieser kein Blut gibt, wird er auch schnell uninteressant.
Leider war das Wetter nicht so ideal, denn die Egel mögen es eher feucht und warm. Wir hatten aber richtiges Herbstwetter, etwas kalt und windig. Somit haben wir uns an einen geschützten Ort gestellt wo es nicht zieht. Mit einer Wärmflasche habe ich das Bein etwas vorgewärmt, ob das was gebracht hat kann ich nicht sagen, aber da sie es ja warm mögen, war es mit Sicherheit kein Nachteil. Wenn man Strom hat kann eine Rotlichtlampe vor allem bei kaltem oder nassem Wetter hilfreich sein.
Weil die Tiere so geruchsempfindlich sind, sollte man als Mensch auch auf Parfüm o.ä. verzichten. Ebenfalls sollte man dabei ruhig und entspannt sein, Stress überträgt sich nämlich schnell auf die Egel weswegen sie eventuell nicht beißen.
Wenn sie sich festgebissen haben heißt es erst mal abwarten. Denn auf keinen Fall darf man die Egel gewaltsam entfernen, man muss warten bis sie von selbst abfallen.
Melody hat nicht mal gezuckt als die Egel gebissen haben. Auch während sie gesaugt haben, stand sie still da und hat ihr Heu gefressen was wir ihr hingestellt haben.
Man sagt auch, dass die Blutegel sich die Stelle suchen, wo am meisten „los ist“. Da ist denke ich auf jeden Fall was dran, denn obwohl ich die Egel an verschiedenen Stellen angesetzt habe, so haben sich die beiden äußeren direkt nebeneinander gesetzt.
Erstaunlich war auch, dass der Blutegel auf der Innenseite des Beines deutlich früher abgefallen ist als die beiden äußeren.
Nach der Behandlung
Sind die Blutegel abgefallen, setzt man sie einfach wieder in den Behälter. Wir haben da ein Gurkenglas genommen, wo wir einen Stein rein gelegt haben. Auch beim Wasser sollte man etwas drauf achten was man nimmt, Leitungswasser mögen sie z.B. nicht. Haben die Blutegel ihren Saugvorgang beendet, dann blutet die Stelle bis zu 12 Stunden nach (in seltenen Fällen kann es auch 24 Stunden lang dauern). Hier darf man auf keinen Fall Salben o.ä. drauf machen. Der Blutegel setzt quasi eine fast sterile Wunder und das Nachbluten gehört zur natürlichen Wundreinigung.
Was passiert anschließend mit den Blutegeln? Auch wenn das m.M.n. etwas fies ist, aber man hat die Erlaubnis sie zu töten. Es ist verboten sie auszusetzen und man darf sie ebenfalls nicht für ein anderes Tier nutzen. Die Egel kommen steril zu einem, nach dem Saugvorgang sind sie natürlich nicht mehr steril und können so u.a. Krankheiten übertragen (würde man sie z.B. für ein anderes Pferd nutzen).
Nachdem die Blutegel fertig mit saugen sind, sind sie für ca. 2 Jahre satt. Neben dem Töten gibt es aber auch zwei andere Varianten. Zum einen gibt es die Möglichkeit die Tiere dorthin zurückzugeben wo man sie gekauft hat. Denn manche schicken sie zur „Aufzuchtsstation“ zurück, wo sie dann in einer Art „Renternteich“ weiter leben dürfen bis sie sterben. Oder man nutzt die Egel für das selbe Tier noch mal, dafür müssen sie aber erst hungern. Nach ca. einem halben Jahr kann man gucken ob die Egel wieder etwas Hunger haben, es kann aber auch 1 Jahr dauern. Die Tierchen sind durchaus anspruchsvoll und man muss sich um sie in der Zeit kümmern (z.B. regelmäßig das Wasser wechseln etc.). Ich kenne sowohl Leute welche die Blutegel noch mal angesetzt haben, als auch welche die sie anschließend wieder abgegeben/getötet haben. Wichtig ist, dass man sich wirklich informiert wie die Egel zu halten sind. Sie können sich nämlich auch übergeben und dadurch selbst vergiften, wenn das Wasser z.B. nicht regelmäßig getauscht wird.
Melody’s Egel wohnen aktuell als „Haustiere“ bei meiner Mutter. Ob wir sie noch mal ansetzen wissen wir nicht, da es natürlich darauf ankommt wie es heilt.
Insgesamt haben wir durchaus das Gefühl, dass die Blutegel was gebracht haben. Zum einen ist das Bein nicht mehr so heiß und es wurde m.M.n. auch etwas dünner. Je nachdem wofür man die Egel anwendet, darf man natürlich keine Wunder erwarten. Ich habe aber schon von Leuten gehört wo eine einmalige Behandlung echt einen richtigen Erfolg gebracht hat. Da hilft nur ausprobieren, etwas „kaputt“ machen kann man m.M.n. damit nicht, wenn man die Behandlung ordentlich durchführen lässt.