Kann Blue sitzen?
Die Frage mit dem Sitzen ist recht schnell beantwortet – Nein. Durch diese Antwort werden sich viele nun fragen: „Warum?“. Diese Frage ist natürlich absolut berechtigt, denn diese Lektion habe ich Blue ganz bewusst nicht beigebracht (und werde es auch nie).
Ich habe auch nie aktiv daran gearbeitet, da für mich sehr früh fest stand, dass ich das Sitzen Blue nicht beibringen werde. Wie viele von euch wissen, hatte Blue 2006 einen Kniebruch. Dieser ist zwar soweit es geht bestens verheilt und wir haben dadurch glücklicherweise so gut wie keine Einschränkungen, trotz allem darf man nicht vergessen, dass diese „gebrochene“ Stelle natürlich nie wieder so sein wird, wie bei einem normalen gesunden Pferd. Das ist eine Sache, die ich immer im Hinterkopf habe und wo ich entsprechend berücksichtige – seit Jahren.
Beim Sitzen selbst werden u.a. Hüfte und Lendenwirbelbereich beansprucht. Wenn ein Pferd sitzt, sieht man ja auch oft, dass es gerade im Kniebreich „sehr eng“ ist. Da natürlich das komplette Gewicht auf der Hinterhand lastet, gibt es nicht viele Möglichkeiten diesen Bereich zu entlasten.
Nun habe ich ein Pferd, welches an dieser Stelle „angeschlagen“ ist und eben nicht zu 100% gesund. Durch den Kniebruch bleibt Blue an dieser „Bruchstelle“ immer Arthrose gefährdet. Also habe ich automatisch eine nicht unerhebliche Belastung an seiner problematischen Stelle.
Das Pferd ist aus anatomischer Sicht nicht dazu geeignet, die Sitzposition länger als ein paar Sekunden aufrecht zu halten. Diese paar Sekunden sieht man meist dann, wenn es sich vom Liegen oder dem Wälzen aufrichten will.
Beim Sitzen wird der untere Teil des Beckens in Richtung Kopf gebeugt und der obere Teil nach hinten zum Schweif hin – anders wäre es nicht möglich die Oberschenkel soweit nach vorne zu schieben. Das Hüftgelenk kann eine ausreichend beugende Bewegung ausführen, so dass die Hinterbeine zur Fortbewegung genutzt werden können. Wegen der straffen Bänder rund um dieses Gelenk wird aber eine Überbeweglichkeit, also eine stärkere Beugung wie sie zum Sitzen benötigt wird, verhindert. Durch das extrem starke Abkippen des Beckens, wird das Rückenband überdehnt und die Lendenwirbelsäule stark aufgewölbt. Bei häufiger Anwendung und nicht abwechslungsreicher Arbeit können die Lendenmuskeln atrophieren (schwinden/schrumpfen). Ebenso kann es bei einer Überdehnung des hinteren Teils des Rückenbandes dazu kommen, dass das Pferd Schwierigkeiten mit der Lastaufnahme der Hinterhand bekommt. Die Hankenbeugung wird schlechter und dadurch nutzen die Gelenke schneller ab.
Da die Gesundheit meines Pferdes an erster Stelle steht, habe ich mich also gegen diese Lektion entschieden. Natürlich wird u.a. auch beim Steigen die Hinterhand belastet, jedoch wirkt dies umgekehrt. Hier wird nicht der Rücken gedehnt, sondern die Bauchmuskeln, die wichtig zum aufwölben des Rückens sind. Muskeln des Rückens und die Kruppenmuskeln (Glutealmuskeln) müssen sich dazu zusammenziehen. Das Becken wiederum führt die entgegengesetzte Richtung zum sitzen aus. Kippt also in Höhe des Sitzbeins (unten) nach hinten.
Beim Steigen überlasse ich Blue i.d.R. selbst wie er diese Lektion ausführt, des Weiteren rufe ich sie nicht sehr oft ab und wenn dann nur wenn er warm ist.
Bezüglich des Sitzens hatte ich mich auch mit meiner Physiotherapeutin von Blue unterhalten. Denn ich hole mir gerne die Meinung von jemandem ein, der Ahnung hat.
Sie gab mir recht bezüglich meiner Überlegungen und Bedenken und sagte dann auch, dass sie das bei einem Pferd wie Blue nicht machen würde. Spätestens da war das Thema dann auch komplett durch – ohne wenn und aber.
Das ist der Grund, weswegen Blue das Sitzen bis heute nicht kann und auch nie lernen wird.
Der Text entstand in Zusammenarbeit mit meiner Physiotherapeutin (Pferdephysiotherapie & -osteopathie Sabrina Schüßler / http://www.equiosteo.de) vielen Dank liebe Sabrina!
(Das Bild ist ein Schnappschuss. Blue hat gelegen und war gerade am aufstehen, deswegen sieht es auf dem Bild aus, als würde er sitzen. In Wirklichkeit ist das Bild einfach nur gut getroffen und eben eine Momentaufnahme aus der Bewegung heraus.)