Gebisslos Reiten – welche Zäumung?

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Wer gebisslos Reiten möchte steht früher oder später vor der Frage: Mit welcher Zäumung? Egal ob man nur mal ab und zu oder aber ausschließlich damit reiten möchte. Grundsätzlich kann man sagen, dass man individuell für jedes Pferd die richtige Zäumung finden muss. Auch Blue und ich haben jahrelang nach einem gebisslosem Zaum gesucht, der zu uns passt. Ich reite nicht ausschließlich gebisslos sondern einen Mix aus beidem. Dieser Beitrag soll aber keine Grundsatzdiskussion für oder gegen Gebiss/gebisslos werden. Ich möchte euch ein wenig mitnehmen auf unserem Weg zur passenden gebisslosen Zäumung und von meinen Erfahrungen/Erlebnissen erzählen. Es gibt weitaus mehr gebisslose Zäumungen, jedoch möchte ich nur auf die eingehen, welche wir selbst ausgiebig getestet haben.

Grundsätzlich sollten viele gebisslose Zäumungen nur zum impulsartigen Reiten genutzt werden. Das bedeutet, dass keine direkte und konstante Verbindung zum Pferdekopf gehalten werden soll. Was für die meisten Westernreiter jetzt nicht so „besonders“ klingt, kann für den Englischreiter durchaus eine Umstellung sein. Mit einer Verbindung ist aber nicht gemeint, dass ich dauernd herumziehe oder 20kg Gewicht in der Hand habe. Auch wenn ich von „Stellung/Biegung“ rede meine ich damit kein gewaltsames herumreißen des Kopfes. Mir persönlich sind feine Hilfen sehr wichtig und ich möchte groß nichts in der Hand haben.
Zuerst sollte man sich fragen, welche Voraussetzungen man an eine gebisslose Zäumung stellt. Geht es nur darum am langen Zügel ins Gelände zu gehen? Oder möchte ich damit auch auf dem Platz z.B. dressurmäßig arbeiten?
Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten, in meinem Fall war ich auf der Suche nach beidem. Zum einen wollte ich damit locker ins Gelände gehen und zum anderen sollte die Zäumung ebenfalls dazu geeignet sein mein Pferd gymnastizieren zu können (Stellung/Biegung). Vor allem an letzterem scheiterten einige Zäumungen.
Wichtig ist selbstverständlich die korrekte Verschnallung einer gebisslosen Zäumung. Denn wie beim englischen Reithalfter sollte auch diese am Maul nicht zu eng verschnallt werden und nirgends drücken. Nachfolgende Zäumungen haben wir ausprobiert:

Knotenhalfter

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Knotenhalfter nach Maß von filogran

Für die Bodenarbeit nutze ich gerne ein Knotenhalfter. Dieses muss natürlich korrekt sitzen bzw. passen, für Blue habe ich daher eines maßanfertigen lassen. Von vielen wird ein Knotenhalfter sehr vielseitig genutzt – zum longieren, reiten und für die Bodenarbeit. Das Knotenhalfter gehört grundsätzlich durch die dünnen Schnüre und Knoten schon eher zu den scharfen Zäumungen. Daher sollte hiermit nur impulsartig geritten werden. Die Verwendung von eingebauten Ringen links und rechts sehe ich eher kritisch. Daher habe ich die Zügel i.d.R. ausschließlich am Kinn befestigt. Aber ein Knotenhalfter sitzt am Pferdekopf natürlich schon recht locker, weswegen es durchaus rutschen kann. Vor allem wenn man dann die Zügel seitlich anbringt und auf einer Seite etwas mehr stellt, passiert es schnell, dass das Knotenhalfter u.a. ins Auge rutscht. Bringt man die Zügel unten am Kinn an, dann kann man m.M.n. das Pferd nicht so präzise stellen. Nachdem wir ein wenig herumprobiert haben, wurde klar, dass das Knotenhalfter zum reiten für uns nicht in Frage kommt. Blue lief damit nicht so entspannt und verwarf sich manchmal sogar im Genick, sofern die Lektionen etwas anspruchsvoller wurden. Für die Bodenarbeit nutze ich das Knotenhalfter wirklich gerne oder wenn ich mal kurz drauf springe. Ansonsten ist es zum Reiten nicht meine erste Wahl.

LG-Zaum/Flower Hackamore
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Den original LG Zaum durfte ich von einer Bekannten testen. Anschließend habe ich mich dann für den „Nachbau“ entschieden und konnte keine Unterschiede in der Nutzung feststellen. Damals durfte man nur die Version mit Anzügen importieren. Da ich diese nicht brauche, habe ich den Zaum so eingestellt, dass keine extreme Hebelwirkung vorhanden ist. Den Nasenrücken habe ich zusätzlich mit Lammfell gepolstert. Fürs Gelände war dieser Zaum absolut ausreichend, aber leider kam auch er an seine Grenzen wenn es um Stellung/Biegung ging. Hier hätte ich die Riemen am Maul fest verschließen müssen, was aber ja nicht Sinn der Sache sein sollte. Blue reagierte auf die Hilfen auch immer sehr verzögert und ich bekam teilweise echt die Krise, da der Zaum zum Teil sehr hin und her rutschte, vor allem wenn man quasi mit der anderen Seite nicht dagegen gehalten hat, was natürlich weniger schön war.  Also blieb es bei der lockeren Verschnallung womit Blue entspannt kauen konnte und wir verzichteten auf alles andere. Eine tolle Zäumung fürs Gelände, aber bei uns erfüllte auch diese nicht unsere anderen Ansprüche.

Kappzaum

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Kappzaum Goethe mit Hanfzügeln von Dauberg&Roth

Nachdem wir den für uns passenden Kappzaum gefunden haben, habe ich diesen einfach mal aus Spaß beim reiten ausprobiert. Dadurch, dass das Naseneisen auf die Pferdenase angepasst werden kann, sitzt er dort wie angegossen und kann locker verschnallt werden. Kauen ist dadurch kein Problem und Blue hat genügend Maulfreiheit. Dadurch, dass der Zaum auf der Nase recht breit gepolstert ist, wirkt er nicht so scharf und der Druck wird schön verteilt. Direkt beim ersten Reiten reagierte Blue sehr fein auf meine Hilfen – Stellung und Biegung war überhaupt kein Problem. Ich konnte richtig toll einwirken und Blue machte einen sehr zufriedenen Eindruck. Durch die breite Polsterung kann man eigentlich auch ohne schlechtes Gewissen etwas mehr in Anlehnung reiten, denn der Druck wird super verteilt. Und egal wie sehr ich mit dem Zaum eine Innen- oder Außenstellung verlange, er liegt ruhig und verrutscht nicht. Blue kann problemlos kauen und lief noch nie mit einer gebisslosen Zäumung so zufrieden. Daher hat sich letztendlich unser Kappzaum (den es auch als Reitzaum gibt) als perfekte gebisslose Zäumung entpuppt. Wir gehen damit ausreiten und nutzen ihn für gymnastizierende Arbeit auf dem Platz.

Gebissloser Zaum “Mereau”

Zum Reiten war für mich der Kappzaum eigentlich lange Zeit die perfekte gebisslose Zäumung. Dann bekam ich die Möglichkeit den neuen Reitzaum von Dauberg&Roth zu testen. Ich weiß, dass die Firma sehr durchdachte Produkte fertigt und ich bis jetzt mit allem total zufrieden war. Eigentlich ging ich davon aus, dass der Zaum „Mereau“ nicht mit dem Kappzaum mithalten kann. Jedoch wurde ich positiv überrascht. Der Zaum hat ein weich gepolsterten Nasenriemen mit lang zurückgezogenem Polster. Der kinnriemen ist gepolstert und mein Zaum hat dort auch einen Führring. Auch dieser Zaum ist so geschnitten, dass empfindliche Strukturen entlastet werden und ausreichend Platz für ein freies Ohrenspiel ist. Ein verrutschen ins Auge ist eigentlich nicht möglich, weil die Riemen weit weg davon verlaufen. Das Genickstück kann mittig platziert werden, da man den Zaum auf beiden Seiten verstellen kann.  Die Ringe zum Anbringen der Zügel liegen bewusst nicht in Verlängerung der Maulspalte, sondern weiter in Richtung der Nüstern. So entfalten Ihre Hilfen eine optimale Wirkung auf das Genick.
Mein Zaum wurde in einer Sonderfarbe gefertigt. Heißt schwarzes Leder mit dunkelbraunen Nähten und Polstern. Mittlerweile nutze ich zum gebisslosen Reiten fast ausschließlich diese Zäumung. Blue reagiert super darauf und farblich passt „Mereau“ natürlich perfekt zum Sattel. Ansonsten bin ich wirklich sehr zufrieden mit dem Zaum und nutze ihn sehr oft.

Letztendlich entscheidet immer das Pferd was es gut findet. Wir haben die perfekte Lösung in unserem Kappzaum sowie dem Zaum Mereau gefunden. Vor allem für die Dressurarbeitet eignen sich beide super. Wir reiten einen Mix aus gebisslos und Gebiss was für Blue ideal ist. Noch dazu ist bei dieser Zäumung keine Hebelwirkung vorhanden, was ich persönlich sehr mag, da wir das nicht brauchen. Zusätzlich drückt er nicht an irgendwelchen empfindlichen Nerven/Stellen. Wir haben einige gebisslose Zäumungen ausprobiert, aber die beiden Zäume von Dauberg&Roth sind die einzigen, womit Blue zufrieden läuft. Wenn ich etwas anspruchsvollere oder neue Lektionen reite greife ich gerne auf den Kappzaum zurück, denn durch das formstabile Naseneisen kommen die Hilfen doch noch mal anders an und Blue fällt es dann etwas leichter. Nun habe ich also zwei gebisslose Zäumungen, die Blue mag und auch meinen Anforderungen entsprechen. Ich kann feine Hilfen geben, ohne, dass er sich auf die Zäumung legt und vor allem wenn es um Stellung und Biegung geht, so konnte ich mit keinem anderen Zaum so ein tolles Ergebnis erzielen. Der Kappzaum hatte mich schon am Boden absolut überzeugt (Handarbeit, longieren etc.), dass er für uns auch beim Reiten so eine Bereicherung ist stellte sich erst später heraus. Für uns war der Kauf von dem Kappzaum quasi ein „Jackpot“ womit ich anfangs überhaupt nicht gerechnet habe. Aber Blues Reaktion darauf ist eindeutig. Daher sind wir jetzt auch endlich „gebisslos glücklich“.

In diesem Beitrag erfolgt keine Zusammenarbeit. Alle Produkte wurden von mir freiwillig gezeigt/erwähnt/verlinkt.


Ein Gedanke zu “Gebisslos Reiten – welche Zäumung?

  1. Mein Pferd muss aus gesundheitlichen Gründen ausschließlich gebisslos geritten werden, deshalb freue ich mich sehr über diesen Artikel.
    Man sieht hier auch wieder, wie individuell Pferde sind, meine kann ich mit Kappzaum nicht stellen/Biegen , sie hasst es damit. Mit einem Hackamore mit kurzen Anzügen klappt es hingegen super , obwohl ich die Vorstellung mit Hebelwirkung zu reiten, am Anfang gar nicht mochte… aber das Pferd zeigt eben immer, was es gut findet.

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