Als erstes möchte ich sagen, dass ich kein Tierarzt o.ä. bin. Der Beitrag basiert auf meinen Erfahrungen. Sofern es zu einem Narbenbruch kommt, sollte dieser gerade am Anfang von einem Tierarzt vor Ort regelmäßig untersucht werden.

Nachdem Blue kolikoperiert wurde behielt er einen Narbenbruch zurück. Es gibt verschiedene Ursachen die dazu führen können. Z.B. schlechte Wundheilung oder Unverträglichkeit des Nahtmaterials. Man muss bedenken, dass beim aufschneiden verschiedene Schichten durchtrennt und im Anschluss natürlich wieder vernäht werden. Im besten Fall wachsen diese dann auch erneut zusammen. Kommt es allerdings im Heilungsverlauf zu Komplikationen, wodurch z.B. eine Schicht nicht korrekt zusammen wächst, spricht man von einem Narbenbruch. Während bei den innenliegenden Schichten resorbierbares Nahtmaterial verwendet wird, welches sich nach einer gewissen Zeit von alleine auflöst, wird für die äußere Hautschicht Material (Klammern/Fäden) verwendet, welches i.d.R. nach ca. 14-16 Tagen entfernt werden muss. So ein Narbenbruch sollte natürlich durch den Tierarzt abgeklärt werden. Auch wenn es in den meisten Fällen nur ein „optischer Mangel“ ist, so gibt es Fälle die gesundheitliche Folgen mit sich bringen. Sowohl in der Klinik als auch durch unsere Haustierärztin wurde dieser Narbenbruch mehrfach kontrolliert. Blue stört sich daran nicht. Somit ist es einfach eine „Beule“ die nun dazu gehört.
Eine chirurgische Korrektur ist bei einem Narbenbruch möglich. Allerdings sollte man sich hier die Frage stellen ob man das Risiko wirklich eingehen möchte. Durch eine erneute Operation kann dieser optische Mangel behoben werden. Allerdings kann es auch passieren, dass er anschließend noch schlimmer aussieht. Dazu kommt natürlich das Risiko welches eine Operation immer mit sich bringt. Für mich kam allerdings eine rein „kosmetische Operation“ nicht in Frage. Zum einen aufgrund Blues Alter und weil er nach der OP sowieso Probleme mit der Wundheilung hatte. Ob das eventuell auch am Nahtmaterial lag kann man nicht sagen. Daher hätte es im schlimmsten Falle wieder Probleme bei der Heilung gegeben. Letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden ob er das Risiko eingehen möchte. Nachdem ich gemerkt habe wie gut die Narbe letztendlich doch verheilt ist, würde ich erst recht keine Operation aus „Schönheitsgründen“ durchführen lassen. Blue stört sich sowieso nicht daran und somit wäre es in erster Linie eine Korrektur nur weil wir Menschen uns optisch daran stören.
Gleichzeitig möchte ich allen, deren Pferd ebenfalls einen Narbenbruch erlitten hat, Mut machen. Denn ein Narbenbruch kann sich bis zu einem gewissen Grad zurückbilden/verändern. Ein Pferd kann damit problemlos alt werden. Mich hat tatsächlich sehr überrascht wie positiv Blues Beule sich doch verändert hat. Ich wusste zwar, dass mit zunehmender Muskulatur die Stelle etwas gestrafft wird, aber die Entwicklung hat mich dann doch überrascht. Je nachdem wie stark Blue die Bauchmuskulatur anspannt verschwindet die Beule sogar fast komplett. Natürlich braucht das Zeit, da sich Narbengewebe bis zu 2 Jahre verändern kann. Daher ist es wichtig, dass man von Anfang an eine gute Narbenpflege betreibt um das zu unterstützen. Neben unserer Tierärztin habe ich diesbezüglich mit unserer Physiotherapeutin gesprochen. Sie hat mir gezeigt wie ich den Bereich massieren und unterstützen kann. Eine Narbenbehandlung ist wichtig, damit die Narbe nicht zu einem Störfeld wird, welcher das Pferd behindert. Das ist gerade am Anfang natürlich zeitaufwendig, lohnt sich aber. Die Äußere Naht ist bei Blue schön flach. Es gibt keinen Wulst, er empfindet das Berühren nicht als unangenehm o.ä.. Man sieht auch nicht wo genau Blue aufgeschnitten wurde, da dieser Teil wirklich super verheilt ist. Gerade im ersten Jahr habe ich die Bauchnaht täglich mit Fliegenspray eingesprüht (hier bitte unbedingt auf die Inhaltsstoffe achten um den Bereich nicht zu reizen), da war das Biorepell horse protect meine erste Wahl, da wir hier seit Jahren gute Erfahrungen gemacht haben und keine schädlichen Inhaltsstoffe verwendet werden. Anfangs können Berührungen etwas unangenehm fürs Pferd sein. Wer selbst schon mal operiert wurde weiß, dass die Narbe zwar äußerlich aussieht als wäre sie verheilt, aber trotzdem ist die Haut anfangs empfindlich, spannt oder juckt.
Die Narbe habe ich am Anfang nach Anweisung massiert und behandelt. Nachdem äußerlich alles verheilt war, habe ich mit den Balancepads angefangen zu arbeiten. Blue blieb zu Beginn nur kurz darauf stehen und ist dann wieder runter. Da muss man sehr genau aufs Pferd hören und uns hat diese Arbeit sehr geholfen. Man konnte zusehen wie er immer besser und länger auf den Pads stehen konnte. Insgesamt habe ich Blue lange am Boden antrainiert, ohne Gewicht auf seinem Rücken. Erst als er eine gute Grundmuskulatur hatte, habe ich mich für wenige Minuten drauf gesetzt. Das war 5 Monate nach der OP. Sofern es vom Tierarzt erlaubt ist helfen kleine Klettereinheiten (z.B. bergauf), Stangenarbeit und Seitengänge beim Aufbau der Bauchmuskulatur. Ich finde die Veränderung kann sich auf jeden Fall sehen lassen. In Blues Fall wird es natürlich nicht mehr komplett zurück gehen. Man wird diesen Narbenbruch immer sehen, allerdings lebt er damit echt gut und es stört uns nicht.

Mich stört Blues Beule überhaupt nicht und sie gehört nun einfach zu ihm. Natürlich braucht man eine Weile um sich daran zu gewöhnen und es ist ok, wenn man zu Beginn Probleme hat das zu akzeptieren. Aber letztendlich ist es eine rein optische Sache. Ich denke in einem Reitstall, in dem mehrere Menschen stehen ist es manchmal schwieriger das zu akzeptieren, da man öfter darauf angesprochen wird. Auch haben mir Menschen gesagt, dass sie mit so Kommentaren wie „Das sieht ja hässlich aus“ konfrontiert wurden. Das ist natürlich gerade wenn man so eine Geschichte hinter sich hat nicht leicht. In unserem Fall haben wir einige Wochen Klinik inklusive Kampf hinter uns. So was schlaucht und man wird extrem dünnhäutig. Es gibt Menschen die dafür kein Verständnis haben und man sollte versuchen so was auszublenden. Je mehr Zeit vergeht und je besser der gesundheitliche Zustand des Pferdes wird, umso positiver kann man vieles sehen. Blues Narbenbruch erzählt eben eine Geschichte. Nämlich das er sich zurück ins Leben gekämpft und überlebt hat. Ist es da nicht egal, ob man ein paar optische Blessuren davon getragen hat? Ich denke jeder der zwischen Narbenbruch und Tod des Pferdes wählen könnte, würde sich für den Narbenbruch entscheiden. Wirklich verstehen können das nur die Leute, die selbst mal in solch einer Situation waren. Daher war ich sehr froh, dass ich auf unserer Weide einfach die nötige Ruhe hatte. So konnte ich mich mit all dem auseinandersetzen ohne die Beeinflussung Dritter. Blue hat mir gezeigt, dass für ihn dieser Narbenbruch nicht existiert. Also habe ich mir ein Beispiel an ihm genommen. Für mich ist er nach wie vor der Schönste und da ändern solche optischen Mängel überhaupt nichts dran. Sie zeigen nur, was für ein großes Kämpferherz er hat und das er in seinem Leben schon schlimme Dinge überstanden hat. Und das ist das einzige, was wirklich zählt!