Wirft man die Worte Sporen, Kandare und Ausbinder in den Raum, so ist anschließend nicht mehr viel von einem übrig. Es sind DIE Worte womit man fast überall eine Diskussion auslöst.
Dazu muss man sagen, die Industrie wird immer erfinderischer. Es gibt wirklich massenweise abenteuerliche Gebisse, Ausbinder und Sporen. Meiner Meinung nach gehört die Hälfte davon verboten und i.d.R. braucht man vieles nicht.
Sieht man es ganz kritisch, dann gehört eigentlich auch die Gerte dazu. Denn falsch genutzt kann ich dem Pferd damit ebenfalls Schmerzen zufügen.
Das Problem sehe ich nicht mal bei einer normalen Kandare oder den Sporen. Sondern eher darin, dass sie oft genutzt werden um mangelndes Können zu vertuschen.
Ich finde jedes Pferd sollte so ausgebildet werden, dass es korrekt mit einem normalen Gebiss (ohne Hebelwirkung) und ohne Ausbinder/Sporen geritten werden kann. Ein Pferd welches ohne diese „Hilfsmittel“ nicht läuft wird entweder schlecht geritten oder wurde bereits vorher versaut.
Ich bin der Meinung, wenn man solche Dinge benutzt, dann sollte man es auch ohne können. Für mich persönlich haben z.B. ein scharfes Gebiss und Sporen nichts an jungen Pferden zu suchen. Die Basics sollten immer ohne diese Hilfsmittel abrufbar sein.
Ein weiteres Problem ist außerdem, dass heutzutage wirklich jeder diese Dinge benutzt ohne zu wissen wie sie funktionieren und – viel wichtiger – ohne damit umgehen zu können. Man hat teilweise schon das Gefühl, die Dinge werden genutzt weil es „cool“ ist. Das fängt bei kleinen Kindern an und geht weiter bei den „Großen“. Früher hieß es „man muss sich die Sporen verdienen“, wer kein ruhiges Bein hatte brauchte im Traum nicht daran zu denken Sporen anzuziehen. Heute hat man das Gefühl, jeder zieht sie an, weil es „in“ ist oder zum „Image“ passt.
Interessanterweise wird eine Kandare oftmals von gebisslosen Reitern verteufelt. Jedoch sieht man gerade da, dass viele ein Hackamore nutzen. Im Prinzip ist ein Hackamore doch nichts anderes als eine Kandare. Der Unterschied liegt darin, dass ich den Druck nicht im Maul, sondern auf dem Nasenrücken (manchmal auch im Genick) habe. Eine Hebelwirkung habe ich bei beiden Zäumungen, aber weil es gebisslos ist, wird es häufig „akzeptiert“. Denn der Irrglaube gebisslos = pferdefreundlich hält sich hartnäckig. Über dieses Thema habe ich jedoch hier bereits ausführlich geschrieben: Gebiss vs. Gebisslos
Ich finde ein Gebiss (oder auch eine gebisslose Zäumung) mit Hebelwirkung hat im Gelände nur was zu suchen, wenn es wirklich nachvollziehbare Gründe gibt. Aber das Ziel sollte auch hier sein, das Pferd mit einer normalen Zäumung im Gelände reiten zu können. Zumindest dient meiner Auffassung nach ein Ausritt zur Entspannung (für Pferd und Reiter), selbst wenn man ein paar Übungen (Seitengänge etc.) dort mit einbringt. Was überhaupt nichts bei einem Ausritt verloren hat, sind meiner Meinung nach Sporen. Denn egal ob eine Zäumung mit Hebelwirkung oder Sporen, macht das Pferd mal eine unkontrollierte Bewegung (weil es sich z.B. erschreckt) hängt man ungewollt ruck zuck mit den Sporen im Pferd oder reißt am Zügel. Das lässt sich nicht immer vermeiden und natürlich kann sich ein Pferd mal erschrecken. Der Reiter hat dann nicht die Möglichkeit lange zu überlegen, sondern reagiert reflexartig. Da kann man schon schnell mal dem Pferd ungewollt weh tun – mit Sporen oder einer Hebelwirkung mehr als ohne. Außerdem kann es die Situation zusätzlich verschlimmern.
Ein weiteres Problem sind die Ausbinder. Ja, es gibt unglaublich viele „Folterinstrumente“ die man dem Pferd drauf ziehen kann.
Oftmals bekomme ich da wirklich die Krise, wenn ich mir so manche Verschnallungen und falsch sitzenden/zu eng eingestellten Ausbinder angucke. Die meisten Menschen wissen auch hier überhaupt nicht wie die Ausbinder wirken und noch viel schlimmer, was das für die Muskulatur bedeutet. Oft werden Pferde durch Ausbinder in eine Haltung gezwungen, die sie aufgrund ihres Ausbildungsstandes und der Muskulatur gar nicht halten können. Aber manche denken wohl, wenn sie das Pferd lang genug wie ein Päckchen verschnüren, dann wird das schon.
Häufig wird vergessen, dass dadurch Verspannungen entstehen und die richtige Muskulatur so nicht aufgebaut werden kann.
Meiner Meinung nach gehören Ausbinder nur in erfahrene Hände. Mittlerweile bin ich ein Fan davon mit Kappzaum zu longieren. Als Blue noch „klein“ war, war der Markt dort jedoch noch nicht so groß, was ich bereits im Beitrag „Der perfekte Kappzaum“ schon angeschnitten habe. Wer richtig longieren kann, kann ein Pferd ohne Ausbinder mit dem Kappzaum in eine gesunde Haltung bekommen. Longieren bedeutet jedoch nicht nur in der Mitte zu stehen und sich im Kreis zu drehen – leider wird auch das viel zu oft falsch vermittelt.
Die Ausrede „ohne Ausbinder läuft mein Pferd nicht so schön“, beschreibt i.d.R nur, dass man entweder nicht weiß wie man das Pferd ohne Hilfsmittel in eine gesunde Haltung bekommt oder man will sich einfach nicht die Zeit nehmen, die ein Pferd nun mal braucht. Diese Haltung muss man sich erarbeiten und mit der Anatomie des Pferdes sollte man sich ebenfalls auseinander setzen.
Ausbinder können (kurzzeitig) sinnvoll sein, aber auch nur wenn sie richtig benutzt werden und sie dem Pferd genügend Freiraum bieten, wobei diese natürlich nicht zu lang eingestellt sein dürfen.
Ich habe vor vielen Jahren ein Mal einen Spruch gelesen, der finde ich sehr aussagekräftig ist:
„Hilfsmittel verkürzen unter Umständen den Ausbildungsweg, aber nur, wenn der Reiter es auch ohne sie kann.“
(unbekannt)
Jedoch liegt genau dort das Problem. Fakt ist, all diese Dinge gehören nur in erfahren Hände und werden leider zu oft missbraucht, weswegen vieles in Verruf gekommen ist.
Denn Hilfsmittel sind nicht immer schlecht. Richtig angewendet können sie dem Pferd einige Dinge erleichtern oder gute Impulse geben – vorausgesetzt der Mensch kann damit umgehen und ist sich dessen Wirkung bewusst.
Wenn mein Pferd jedoch ohne Hilfsmittel nicht mehr läuft, sollte mir das vielleicht zu denken geben. Jetzt könnte man natürlich sagen, wer es ohne Hilfsmittel kann, der braucht allgemein keine. Nun gibt es natürlich ganz verschiedene Pferdetypen, Probleme und dadurch eben Ausnahmen wo die Unterstützung durch ein Hilfsmittel (kurzzeitig) sinnvoll sein kann. Diese hier alle aufzuzählen würde den Rahmen sprengen, daher bin ich grundsätzlich nicht gegen all diese Dinge, weil ich durchaus Menschen kennengelernt habe die damit umgehen können.
Meine persönliche Erfahrung mit Hilfsmitteln

Ich finde es immer schwierig Dinge direkt zu verteufeln ohne selbst mal die Erfahrung damit gemacht zu haben. Manches kann man vielleicht nur nachvollziehen, wenn man selbst so einen Fall zu Hause stehen hat.
Ich habe bei Blue eine Zeit lang ein schärferes Gebiss beim Reiten genutzt und Ausbinder zum longieren.
Das Longieren mit Ausbindern war früher gang und gebe. Mittlerweile hat da zum Glück schon ein Umdenken stattgefunden. Aber früher bekam man es so beigebracht. Allerdings kann man sich ja weiterentwickeln und so würde ich das heute nicht mehr so machen. Jedoch hat Blue m.M.n. keinen Schaden davon getragen, da der Einsatz der Ausbinder sehr selten war, er nur kurzzeitig ausgebunden war und die Dreiecker immer sehr lange eingestellt waren.
Bei Blues Ausbildung hatte ich glücklicherweise eine fähige Reitlehrerin an meiner Seite. Da Blue einen extremen Unterhals hatte und wie eine Giraffe lief, hätten die meisten bei einem Pferd wie Blue wahrscheinlich direkt Ausbinder drauf gemacht und ihn dadurch „runter“ geholt. Meine Reitlehrerin hat das nicht gemacht, sie ist ihn selbst geritten und kam nicht wirklich durch.
Das er diese ungesunde Haltung eingenommen hat lag an seinem Exterieur, was es ihm erschwerte gesund zu laufen. Durch den Aufbau der richtigen Muskulatur konnten wir viel erreichen, doch auch heute fallen ihm Dinge die in Richtung Versammlung gehen viel schwerer als z.B. Pferden mit einem besseren Körperbau. Grundsätzlich bin ich eher gegen das Longieren mit Ausbindern, einfach weil sie viel zu starr sind.
Ein Gebiss mit Hebelwirkung hatte ich in der Zeit nach dem Kniebruch bei Blue genutzt. Ich sollte ihn langsam antrainieren, jedoch war Blue wie ausgewechselt. Er bockte, rannte los und war zum Teil nicht immer kontrollierbar. Deswegen habe ich mich entschlossen, ein schärferes Pessoa-Gebiss zu nehmen. Für mich war von Anfang an klar, dass das kein Dauerzustand werden wird. Denn natürlich war es mein Ziel Blue wieder „normal“ reiten zu können. Da er aber in den Monaten danach doch sehr schwierig war, war das die einzige Lösung. Denn meiner Meinung nach sollte man auch seine Mitmenschen nicht vergessen (die z.B. im Wald unterwegs sind). Wenn mein Pferd völlig unkontrolliert durch den Wald rennt und ich es nicht mehr halten kann, ist das nicht nur für mich selbst und das Pferd gefährlich, sondern auch für andere. Ob das nun im Wald ist oder in der Nähe einer Straße, bevor mein Pferd in einem Auto landet, andere Menschen verletzt oder umrennt, ist es finde ich besser im Notfall eine gute Einwirkung zu haben. So war es sicherer für mich, Menschen die uns begegnet sind und letztendlich habe ich dadurch auch mein Pferd geschützt.
Das war eine Lösung für wenige Monate, nachdem Blue ruhiger wurde bekam er wieder ein normales doppelt gebrochenes Gebiss. Mittlerweile lässt er sich mit einem normalen Stallhalfter genauso gut „kontrollieren“ wie mit einem Gebiss. Das hat natürlich auch etwas mit der Ausbildung zu tun, wobei sich ein Pferd immer erschrecken kann. Aber in all den Jahren ist es mir glücklicherweise nie passiert, dass Blue völlig unkontrolliert durchgegangen ist.
Letztendlich ist ja auch jede Zäumung nur so scharf wie die Reiterhand (ich habe eine ruhige und weiche Hand) denn Blue ist sehr empfindlich was das betrifft.
Mit Sporen habe ich tatsächlich überhaupt keine Erfahrung, einfach weil ich sie noch nie gebraucht habe.