„Pferde von Freizeitreitern laufen mit durchgedrücktem Rücken auf der Vorhand, haben i.d.R. einen ausgeprägten Unterhals und die Muskulatur ist schlecht (oder gar nicht vorhanden).“
„Freizeitreiter brauchen keine Dressur“
„Freizeitreitern interessieren sich nicht für ihren Sitz, die gehen ja eh nur Ausreiten“
„Pferde von Freizeitreitern sind total unrittig“
„Freizeitreiter machen nur Bodenarbeit oder die Pferde latschen in der oben genannten Haltung mit Halsring über den Platz,“
„Für Freizeitreiter ist jeder Turnierreiter ein Tierqäualer“
Ziemlich viele Vorurteile und eine Meinung, die viele haben wenn man sagt „ich bin Freizeitreiter“. Ob man das Ganze nun am Halsring, gebisslos oder mit Gebiss macht ist eigentlich egal – das Pferd wird grundsätzlich schlecht geritten.
Aber stimmt das so? Was ist eigentlich ein Freizeitreiter? Die Definition ist etwas schwierig, denn jeder versteht darunter was anderes. Sind nicht irgendwie alle in gewisser Weise Freizeitreiter, so lange sie das nicht Hauptberuflich machen?
Alternativ gibt es noch den Begriff „Ambitionierter Freizeitreiter“. Das klingt dann zumindest schon mal gehobener und wird häufig verwendet, wenn man sich von den oben genannten Vorurteilen lösen möchte.
Das ich Freizeitreiter bin ist eigentlich unstrittig. Trotzdem fühle ich mich bei den genanten Vorurteilen nicht angesprochen. Denn ich lege sehr wohl Wert darauf wie mein Pferd läuft und auch mein Sitz ist mir nicht egal. Natürlich ist bei uns nicht alles perfekt, aber wir arbeiten regelmäßig sowohl an der Haltung von Blue als auch an meinem Sitz.
Mir persönlich ist es sehr wichtig, dass mein Pferd richtig und reell gearbeitet wird und korrekt/gesund läuft. Man muss nicht zwingend Turniere reiten um sein Pferd richtig zu trainieren.
Und ja, obwohl ich „Freizeitreiter“ bin, erarbeite ich mir mit Blue Lektionen (Seitengänge etc.). Wir reiten in erster Linie für uns, was aber nicht bedeutet, dass wir es deswegen „schlecht“ machen. Blue reagiert auf feine Hilfen und damit das so bleibt, steht regelmäßig „Dressur“ auf dem Plan. Obwohl Reiten für mich nicht zwingend an erster Stelle steht, denn man kann sein Pferd auch korrekt am Boden ausbilden. Bodenarbeit ist nämlich grundsätzlich nichts schlechtes, sondern bringt viele Vorteile – wenn man es richtig macht.
Ja, wir gehen oft ins Gelände/Ausreiten und dort habe ich i.d.R. die Zügel durchhängen, trotzdem läuft Blue nicht mit durchgedrücktem Rücken. Besonders merkt man das beim bergauf reiten. Am langen Zügel wird der Kopf von selbst gesenkt und die Hinterhand tritt aktiv unter, man spürt die Schubkraft. Selbstverständlich ist diese Haltung nicht, man kann auch anders den Berg hoch laufen (was ich aus den Anfangszeiten von Blue weiß). Blue nimmt auch sonst im Gelände selbstständig eine gesunde Haltung ein und trägt sich selbst. Das kam jedoch nicht von alleine, denn erst nachdem Blue gelernt hat über den Rücken zu laufen und die Hinterhand aktiv zu nutzen macht er das. Vorher hatte er einen extremen Unterhals und lief nicht so ganz „rund“.
Fakt ist, wäre mir eine gute Grundausbildung nicht wichtig gewesen, würde er wahrscheinlich noch heute mit starkem Unterhals und durchgedrücktem Rücken durch die Gegend laufen – was natürlich nicht gesund ist.
Ich sage, ich bin Freizeitreiter, ich sage aber auch die Gesunderhaltung meines Pferdes ist mir wichtig, genauso wie die richtige Gymnastizierung. Und das sieht man m.M.n. Blue auch an.
Ich kenne viele Freizeitreiter, deren Pferde toll geritten werden und die sich wirklich Gedanken machen und mit der Anatomie auseinander setzen. Natürlich kenne ich genauso auch die Negativbeispiele, auf die die Vorurteile absolut zutreffen. Aber es ist wie bei den Turnierreitern, nicht alle reiten Rollkur und ziehen ihren Pferden das Gebiss durchs Maul. Genauso ist es nämlich auch bei den Freizeitreitern, nicht alle haben Pferde die schlecht geritten sind und dadurch „Schmerzen“ erleiden. Schwarze Schafe gibt es überall.
Die vielseitige Beschäftigung ist für mich und Blue die perfekte Mischung. Die Turnierwelt ist nichts, wo wir uns wohlfühlen. Das bedeutet aber nicht, dass ich etwas gegen Turniere habe. Wir haben einfach nur eine andere Welt, in der wir uns „zu Hause“ fühlen. Doch das bedeutet nicht gleich, dass andere Dinge wie die reelle Ausbildung vernachlässigt werden. Wer uns kennt weiß, dass wir die „üblichen“ Klischees von Freizeitreitern nicht erfüllen. Es gibt also nicht immer nur schwarz und weiß. Daher versuchen wir stets uns reiterlich weiterzuentwickeln und das auch ich nicht auf dem Pferd sitze wie ein Schluck Wasser in der Kurve (gelingt mal mehr mal weniger, aber ich arbeite daran). Ich reite sowohl mit Gebiss als auch gebisslos, mit beiden Zäumungen läuft Blue gut. Das kommt aber i.d.R. nicht von alleine und man muss etwas dafür tun. Trotzdem habe ich diesen Anspruch an mich selbst und mein Pferd, eben damit Blue lange gesund bleibt und keine Probleme bekommt.
Es ist echt toll, dass du die Reiterwelt nicht in schwarz und weiß unterteilst! Und auch darauf hinweist, wie viel Arbeit ein Freizeitreiter investiert/ investieren muss. Immerhin möchten auch wir, dass unsere Pferde lange gesund sind und bleiben. Denn das geht auch ohne Schleife 😉
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