
Ganz am Anfang dachte ich, dass die lange Stehzeit wegen Blues Arthrose unser größtes Problem sein würde. Auch war ich mir nicht sicher, ob seine Arthrose sogar der Grund wäre, der eine OP ausschließt. Denn nach einer Kolik OP muss das Pferd 6 Wochen in der Box stehen. Nicht unbedingt das Beste bei Arthrose, aber aufgrund seines allgemeinen Zustands und da wir die Arthrose zu dem Zeitpunkt gut im Griff hatten, war es glücklicherweise nicht der Grund für ein „Nein“.
Letztendlich musste ich auch feststellen, dass die Arthrose unser kleinstes Problem war. Anfangs haben uns wirklich andere Dinge wie die Bauchnaht, Venen und Lunge beschäftigt. Später kamen dann noch dicke Beine hinzu.
Halsvenen
Mit Blutegeln versuchte man die beiden entzündeten Halsvenen zu erhalten. Eine konnten wir retten, bei der anderen sah es lange Zeit so aus als wäre sie „verloren“. Sie war verschlossen und ein Anstauen war anfangs gar nicht möglich. Im Moment ist sie teilweise anstaubar. Durch tägliche Behandlungen, die ich nach Anweisung meiner Physiotherapeutin durchgeführt habe, besteht aktuell eine kleine Chance, dass sich diese Halsvene regeneriert. Ein Pferd kann aber grundsätzlich mit diesem „Defekt“ gut leben. Bloß für Notfälle oder wenn man etwas spritzen möchte ist diese Halsvene nicht mehr zu gebrauchen. Wie man bei uns sieht gibt es aber trotzdem eine kleine Chance, dass die Vene sich regeneriert. Näheres wird sich wahrscheinlich erst in den nächsten Monaten zeigen.
Bauchnaht
Die Bauchnaht ist leider auch nicht wie gewünscht verheilt und Blue hat einen Narbenbruch erlitten. In unserem Fall ist der Bruch allerdings rein optischer Natur. So etwas kann man operieren lassen, jedoch kommt es für uns nicht in Frage. Blue deswegen den Risiken einer OP nochmals auszusetzen, wegen eines optischen Mangels, wäre definitiv egoistisch. Denn ihn stört dieser Narbenbruch überhaupt nicht und ich glaube er ist nach der OP noch genauso zufrieden wie davor. Durch den Aufbau einer guten Muskulatur kann sich die Beule vielleicht noch etwas zurückbilden. Seit wir wieder trainieren, ist sie schon ein wenig kleiner geworden, auch wenn man sie sicherlich für den Rest seines Lebens sehen wird. Für uns Menschen ist so was glaube ich im ersten Moment viel schlimmer als für unsere Tiere. Blue ist so als würde es diese optische Beule gar nicht geben, er hat das akzeptiert und für ihn ist alles gut. Wir Menschen lassen uns glaube ich häufig von Äußerlichkeiten beeinflussen, vor allem bei so Kommentaren wie; „der hat ja voll den Hängebauch“, „warum ist da so eine hässliche Beule“. Ja, Blue darf für den Rest seines Lebens einen Hängebauch haben oder eine „komische Beule“ unterm Bauch. Auch wenn ich ebenfalls kurz gebraucht habe um mich daran zu gewöhnen, da das Pferd optisch natürlich plötzlich anders aussieht als vorher, ist es für mich ok. Ich nehme diesen „optischen Mangel“ gerne in Kauf. Die Hauptsache ist doch, dass Blue lebt und er sein Leben genauso leben kann wie vor der OP. Wer sein Tier wirklich liebt wird so ein „Umstand“ lieber sein als der Verlust des Pferdes. Unsere Tiere akzeptieren so etwas sehr schnell, also sollten wir das auch tun.
Beine
In der Klinik wurde Blue zeitweise einbandagiert weil die Beine extrem dick wurden. Das musste ich zu Hause zum Teil auch machen. Mit den Stallgamaschen von Ceratex haben wir das zum Glück soweit in den Griff bekommen, dass zumindest die Vorderbeine relativ schnell normal waren. An den Hinterbeinen habe ich versucht durch putzen und IceVibes die Durchblutung anzuregen. Zusätzlich gab es auch hier die Stallgamaschen drauf, was mir deutlich lieber war als einbandagieren. Trotzdem waren die Hinterbeine lange ein Problem, da diese im unteren Teil leicht angelaufen waren und Blue eine deutliche Schonhaltung zeigte.
Blue bekam wegen der ganzen Entzündungen lange Schmerzmittel. Nachdem bei einem erneuten Check zu Hause die Entzündungswerte wieder fast normal waren, wollten wir sie absetzen. Das ging einen Tag gut und dann fanden wir Blue liegend vor. So wirkte er recht normal. Seine Temperatur war ok, er hatte Hunger, konnte aber irgendwie nicht aufstehen. Durch die lange Stehzeit bekam er Probleme mit den Hinterbeinen, was aber eher ein „neue“ Baustelle war. Deswegen bekam er noch mal Schmerzmittel, allerdings in einer geringen Dosis. Frei nach dem Motto: so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Glücklicherweise durften wir dann auch mit Blue spazieren gehen. 7 Wochen nach der OP ist Schritt erlaubt, erst nur 15 Minuten und dann wird das nach und nach gesteigert. Diese Zeit haben wir auf 2x täglich aufgeteilt, um der Beinproblematik entgegen zu wirken.
Lunge
In der Klinik wollte man mir nicht glauben, dass Blue noch nie Lungenprobleme hatte. Im Ultraschall sah die Lunge wohl so schlecht aus, dass man davon ausging er hätte schon lange Probleme damit. Allerdings hatte Blue in seinem Leben noch nie Lungenprobleme. Er wurde von unserer Haustierärztin ja regelmäßig abgehört (z.B. bei Impfungen etc.) und es gab nie Auffälligkeiten. Noch dazu war er ja im Training und wir haben auch ein etwas anspruchsvolleres Gelände. Da wäre mir aufgefallen, wenn er unter Belastung z.B. gehustet hätte oder schlecht Luft bekommt. In der Klinik hat er ganz schlimm gehustet und seine Atemfrequenz war deutlich zu hoch.
Rückblickend glaube ich, dass Blue mit der Boxenhaltung ein Problem hatte und auch mit der Späne. In einem geschlossenen Gebäude ist die Staubbelastung ja doch ganz anders als bei uns zu Hause im Offenstall. So was ist Blue überhaupt nicht gewohnt. Nach dem Umzug in eine Box mit Fenster ging es seiner Lunge schon deutlich besser. Er stand oft in der Nähe vom Fenster oder hat raus geguckt. Vermutlich hat er selbst gemerkt, wie gut die frische Luft ihm tut. Nachdem er dann zu Hause stand war eigentlich alles wieder fast normal und obwohl wir oft bei Blue waren hat man ihn nur sehr selten Husten gehört. Höchstens mal nach dem Aufstehen, ansonsten gab es keine Auffälligkeiten. Bei der ersten Nachuntersuchung sagte unserer Tierärztin dann auch die Lunge hört sich gut an und sie kann nichts auffälliges feststellen. Selbst beim antrainieren (erstes antraben, längeres traben) hat er nicht einmal gehustet. Die frische Luft zu Hause und unser Einstreu, welches ja ebenfalls nicht staubt und deutlich weniger Schadstoffbelastet ist als z.B. Späne, haben da den größten Teil dazu beigetragen. Da merkt man auch mal wieder was die Haltung ausmacht. Auf qualitativ hochwertiges Heu haben wir ja eh schon immer geachtet und das war auch in der Klinik top. Auf Stroh darf ein Kolik operiertes Pferd ja sowieso nicht stehen. Aber da haben wir mit unserer Einstreu wirklich schon die perfekte Lösung. In der Klinik sage man mir, dass Blue möglicherweise für den Rest seines Lebens lungenkrank bleibt. Für mich war das im ersten Moment wirklich schlimm, weil all die anderen Baustellen doch eigentlich schon genug waren. Aber es ist auch hier wieder schön zu sehen, wie gut Blue sich zu Hause erholt hat. Möglicherweise ist seine Lunge auch weiterhin etwas angeschlagen, was nach so einer OP aufgrund der Beatmung etc. natürlich sein kann. Aber ich habe seit er zu Hause ist nicht gemerkt, dass irgendwas anders ist. Selbst als wir wieder anfingen mit Traben war meine Luft deutlich schlechter als die von Blue. Der hat nämlich länger durchgehalten und teilweise merkte man nicht mal, dass er gelaufen ist. Im Moment deutet nichts auf Lungenprobleme hin, er ist nicht auffällig und daher habe ich auch kein Ultraschall mehr machen lassen.

Blue war echt ein Schatz. Egal ob Spazieren gehen, Medikamente geben oder Halsvenen und Bauchnaht Behandlung, er war immer super lieb. Auch in der Klinik gab es keine Klagen und alle mochten Blue, der dort „Sunny“ genannt wurde. Sein richtiger Name ist ja „Sunny Blue Eyed Boy“ und so wurde der erste Name als Rufname gewählt.
Wenige Wochen nach der OP sah man Blue seinen Lebenskampf deutlich an. Er hat extrem abgebaut und wirkte mit einem Mal schlagartig „alt“. Blue war müde, abgekämpft und extrem klapprig. Er wäre ohne Probleme als „Tierschutzpferd aus schlechter Haltung“ durchgegangen. Zur Untersuchung der Lunge und dem Darm bekam er einige Stellen geschoren. Deswegen musste er den Winter mit einer Decke verbringen. Sofern es die Temperaturen zugelassen haben kam die Decke runter. Aber weil sein Körper ja einen kompletten Crash hatte wollte niemand riskieren, dass er sich nachher noch die nächste Lungenentzündung oder Erkältung einfängt. Zumal er ja nicht die Möglichkeit hatte sich zu bewegen. Nach 8 Wochen durften wir dann sogar die erste Tritte traben und ganz ehrlich, ich habe es mir schlimmer vorgestellt. Blue lief wirklich gut, natürlich nicht ganz rund, aber nach so einer langen Stehzeit und aufgrund seiner Arthrose erstaunlich gut. Theoretisch wäre Schrittreiten ab der 9. Woche erlaubt. Für mich kam das jedoch nicht in Frage, da Blue so extrem abgebaut hat, dass ich mich ruhigen Gewissens niemals hätte drauf setzen können. Außerdem hatte Reiten bei uns eh nie so den großen Stellenwert und das Thema hatte ich bereits bei der OP schon für einige Monate abgehakt. Zusätzlich sollte Blue erst Mal von meiner Physiotherapeutin durchgecheckt werden. Das sollte man nach so einer OP m.M.n. immer machen. Bei Blue war auch gefühlt alles schief, verspannt und nicht da wo es hingehört. Leider musste bei Blue so viel behandelt werden, dass wir nach einer gewissen Zeit abbrechen mussten. Die schlimmsten Probleme konnte man zwar beheben, aber es war trotzdem eine Nachbehandlung erforderlich. Bei der Nachbehandlung gab es dann auch viel Lob. Einige Probleme waren zum Teil schon komplett verschwunden, weil wir brav unsere Hausaufgaben gemacht haben. Und die schwereren Probleme waren auch deutlich besser. Ich empfehle jedem eine Behandlung nach so einer OP. Meine Physiotherapeutin hat mir so viele Dinge gezeigt die ich machen sollte oder wie ich Blue anderweitig unterstützen kann, dass uns das sehr geholfen hat. Insgesamt sieht Blue mittlerweile wieder richtig gut aus und hat auch wieder Muskulatur aufgebaut. Da habe ich ihn zum einen mit dem Olimond BB power übers Futter unterstützt und auch viel mit den SureFoot Pads gearbeitet. Obwohl das Wetter und die Bodenverhältnisse schlecht waren, konnten wir mit den Pads und etwas Handarbeit eine gute Grundlage schaffen. Mit der Entwicklung bin ich wirklich sehr zufrieden.
Auch seine Bein Probleme wurden nach und nach besser. Hier hat mir meine Physiotherapeutin ebenfalls einige Übungen gezeigt. Insgesamt merke ich auch nach ca. 6 Monaten, dass der Körper einfach Zeit braucht. So eine OP ist nicht ohne und gerade bei einem so komplizierten Verlauf brauchen die Pferde deutlich länger. Diese Zeit bekommt Blue natürlich und sein Körper hat sich schon gut erholt. Ich finde das innerhalb der kurzen Zeit echt erstaunlich, gerade im April und Mai hat Blue einen ordentlichen Schub gemacht. Die Dornfortsätze stehen nicht mehr hervor und er hat wieder eine tolle Grundmuskulatur. Die ganzen verbliebenen kleineren Baustellen arbeiten wir nun nach und nach ab.
Das wichtigste ist, dass es ihm gut geht und das sieht man denke ich auf dem Bild oben. Blue hat wieder richtig Freude am Leben und seine gewohnte Art ist zurück. Ob neben der Nachtblindheit, einem fehlenden Zahn, Arthrose und Spat jetzt auch noch ein Narbenbruch, eine kaputte Halsvene und eventuelle Lungenprobleme dazu kommen fällt eigentlich nicht so ins Gewicht. Von all dem lässt sich Blue nicht beirren und tobt weiter auf der Weide herum. Wenn man es nicht wüsste, würde man ihm die vielen Probleme überhaupt nicht anmerken. Ich bewundere Blue für diesen Kampfgeist und bin froh über dieses große Kämpferherz, welches sich von nichts unterkriegen lässt.
Zum weiterlesen:
Blues Kolik-OP – Der Tag X
Blues Kolik-OP – Ursache & Komplikationen
Ceratex Stallgamaschen bei Arthrose im Vorderfußwurzelgelenk
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