
Vor allem auf Messen und Veranstaltungen bekommt man immer schön ein paar Einblicke in die verschiedenen Methoden. Das betrifft sowohl die Reitweisen als auch die Arbeit am Boden. Ich beziehe mich zwar in diesem Beitrag hauptsächlich auf die Bodenarbeit, aber das meiste kann man auch auf gerittene Pferde übertragen.
Gibt es schlechte Bodenarbeit? Oder ist das Auslegungssache? Natürlich kann man sagen, dass manches „Geschmackssache“ ist. Trotzdem möchte ich die Menschen bei dem Thema etwas sensibilisieren. Auch wenn manches auf den ersten Blick toll wirkt, so schadet es nicht mal genauer hinzusehen.
Ich persönlich mag gewisse „Konzepte“ nicht, weil sie z.B. für meinen Geschmack mit zu viel Druck ausübt werden. Sicherlich kommt man hier an einen Punkt wo man von Pferd zu Pferd unterscheiden muss. Je nach Persönlichkeit mag das eine Pferd lieber ein starkes Auftreten und ein anderes schüchtere ich damit ein.
Bitte nicht falsch verstehen, natürlich braucht jedes Pferd eine klare Linie. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass es falsch oder unfair dem Pferd gegenüber ist. Manchmal wird Erziehung mit falsch verstandener Tierliebe verwechselt. Erziehung z.B. bedeutet nicht, dass ich mein Tier verschlage oder unfair ihm gegenüber handle.
Bodenarbeit ist für mich der große Überbegriff. Da fällt alles drunter, was ich mit meinem Pferd am Boden mache. Handarbeit, Longieren aber auch so was wie Freiheitsdressur und Zirkuslektionen.
Mit Blue arbeite ich ja schon sehr lange am Boden. Wir haben uns viel erarbeitet und er kann mittlerweile einiges. Ich weiß wie die meisten Dinge „funktionieren“. Deswegen achte ich bei einer Show z.B. weniger auf Lektionen als auf das „Wie“. Wie führt das Pferd etwas aus? Wie reagiert der Mensch? Wie stark werden Kommandos/Hilfen gegeben?
Während ich früher schnell beeindruckt von z.B. einer Freiheitsdressur war, so ist das mittlerweile schon schwieriger. Denn leider sieht man gerade bei Shows sehr häufig gestresste Pferde die fast schon „abgerichtet“ sind. Nur wenn man genauer hinsieht, merkt man das. Den meisten Menschen fällt es leichter eine schlechte gerittene Show zu erkennen, bei der Bodenarbeit ist das etwas anderes.
Es gibt auch Pferde, die für Shows nicht gemacht sind. Das ist einfach so und kann man m.M.n. nur schwer trainieren. Entweder ein Pferd ist vom Charakter her für so was geeignet oder eben nicht. Ich rede nicht von den ersten Auftritten. Das hier ein Pferd mal etwas nervöser ist oder nicht alles klappt ist völlig normal. Da ich selbst schon ein paar Auftritte mit Blue hatte weiß ich, dass so was erst mit der Zeit kommt. Man selbst ist immerhin auch aufgeregt. Wenn ich mir also einen Auftritt angucke und merke offensichtlich, dass nicht alles klappt finde ich das gar nicht so schlimm. Man muss so was ja auch erst mal ausprobieren um herauszufinden ob das was für einen ist oder nicht. Schlimm finde ich es nur, wenn man das Pferd dann immer wieder auf so Veranstaltungen zerrt obwohl eindeutig erkennbar ist, dass das Pferd sich nicht wohl fühlt. Leider haben nicht alle die Größe zu sagen „ich trete nur im kleinen Rahmen auf, weil mein Pferd so große Veranstaltungen nicht mag.“.
Übrigens gehört Blue auch zu diesen Pferden. Der mag Veranstaltungen in der Nähe, aber ich weiß, dass für ihn so große Shows über Tage hinweg nichts wäre. Schon das Leben in einem Stallzelt bzw. in einer Box, wo viel Trubel drumherum herrscht, wäre nichts für ihn. Ich kenne mein Pferd und habe das daher nie ausprobiert. Deswegen bin ich nicht enttäuscht, denn was wir zu Hause haben kann uns eh niemand nehmen und ich muss auch niemandem was beweisen. Ich mache das was für Blue in Ordnung ist, alle anderen Angebote habe ich ohne groß zu überlegen meinem Pferd zuliebe abgelehnt. Blue ist ein Pferd was aufgrund der Nachtblindheit bei Dunkelheit lieber in seiner gewohnten Umgebung ist. Ansonsten ist es Stress für ihn. Daher kamen für mich nur Auftritte in Frage, wo er nach der Show wieder nach Hause kann.
Neben dem Stressfaktor kann man aber noch andere Dinge beobachten. Z.B. wie das Pferd etwas ausführt oder wie der Mensch mit einem Fehler umgeht. Wenn das Pferd z.B. nicht das macht was man gerade möchte. Eigentlich empfinde ich es als positiv, wenn Pferde auch mal nicht funktionieren. Das zeigt, dass sie noch ihre eigene Meinung haben dürfen. Leider erwarten viele, dass alles perfekt klappt. Dabei besteht das Publikum auf den meisten Veranstaltungen aus Pferdemenschen. Gerade die, so sollte man meinen, verstehen das.
Auch beim Reiten mit Halsring erkennt man wie gut oder schlecht das Ganze ist. Man muss nur gucken wie und wo der Halsring angelegt wird. Ausführlich habe ich das ja bereits hier geschrieben: Das Märchen vom Halsringreiten
Liegt der Halsring oft am Kehlgang, dann ist das nicht besonders pferdefreundlich. Auch ein ruckartiges und festes Ziehen ist nicht unbedingt toll. Wie beim Reiten auch sprechen häufige, ruckartige Hilfen eher dafür, dass bei der Grundausbildung etwas falsch gelaufen ist und das Pferd noch nicht so weit ist.
Und auch beim Ausführen von Lektionen merkt man ob es gut oder schlecht gemacht ist. Wird das Kompliment korrekt ausgeführt? Ist der Spanische Schritt im Takt?
Zeigt das Pferd z.B. beim Spanischen Schritt eine gute Aktivität der Vorhand aber die Hinterhand läuft nicht ordentlich mit, spricht das dafür, dass die Lektion nicht korrekt beigebracht wurde. Klar, es wirkt auf viele spektakulär, wenn das Pferd die Beine hoch reißt. Wenn dafür aber die Hinterhand auf der Strecke bleibt, dann wäre mir etwas weniger Vorhandaktion lieber und dafür ein Pferd was ausbalanciert und im Takt diese Lektion ausführt. Aber viele Menschen achten auf die Hinterhand nicht, je mehr Aktion vorne ist, umso eher liegen die Blicke dort.
Das ist wie in der Dressur, je besser das Pferd die Lampen austritt, umso mehr feiern es die Leute. Obwohl ein gut ausgeführter starker Trab, mit weniger Beinaktion, dafür mit aktiver Hinterhand, deutlich harmonischer und pferdefreundlicher ist. Hier muss aber irgendwo allgemein ein Umdenken stattfinden – egal in welchem Bereich.
Gerade wer sich traut frei mit seinem Pferd vor Publikum zu arbeiten, dem gehört schon mal ein großer Applaus. Wenn dann nicht alles klappt ist das eigentlich nicht schlimm. Auch wenn dann jemand einen Schritt zurück geht und das Pferd z.B. wieder ans Halfter nimmt empfinde ich das nicht als negativ. Trotzdem wertet ein Großteil des Publikums das so. Alle wollen immer Shows sehen, aber bitte nicht die Anfänge, sondern erst wenn es läuft. Dabei kann man einige Sachen nur üben, wenn man eben in der entsprechenden Atmosphäre (unbekannter Platz, Publikum) auftritt. Diejenigen, die mit Trense und Sattel reiten haben da durchaus einen Vorteil. Bei der Freiarbeit ist man schon darauf angewiesen, dass das Pferd sich auf den Menschen und nicht auf das Publikum konzentriert.

Vielleicht applaudiert man das nächste Mal einfach etwas lauter bei jemandem wo das Pferd z.B. eine „Ehrenrunde“ gedreht hat aber wieder kam. Wo die Lektionen nicht total spektakulär aber korrekt sind. Es gibt wirklich gute Shows, auch bei der Freiheitsdressur. Nicht alle sind schlecht, aber es gibt eben schon deutliche Unterschiede.
Das erkennt man übrigens nicht nur bei einer Show sondern auch beim Unterricht. Wie geht der Trainer am Boden mit dem Pferd um? Erkennt er eine Überforderung des Pferdes? Reagiert er auf eine Überforderung die das Pferd zeigt? Gehe ich vielleicht lieber einen Schritt zurück, wenn ich merke das Pferd ist nicht bei der Sache? Oder will ich mein Ding durchziehen?
Man sollte einfach nur mal genauer hinsehen, dann erkennt man eine wirklich gute Show. Entspannte Pferde, die Spaß dabei haben aber trotzdem keine Maschinen sind. Auch mit Sattel und Trense sieht man leider oft genug gestresste Pferde. Eigentlich wollen wir doch alle Pferde die nicht gebrochen und tot auf Knopfdruck funktionieren. Aber manchmal wird genau das gefeiert, was doch eigentlich schade ist. Und wenn das so eine Show ist, wo das Pferd total gestresst und unzufrieden wirkt, dann applaudiert man eben nicht.
Jedes Pferd kann auch mal einen schlechten Tag haben, aber wenn immer wieder dasselbe Pferd/Menschpaar auffällt, dann sollte man so was nicht weiter unterstützen. Viele Shows gucke ich mir schon gar nicht mehr an. Wenn es dann mal eine harmonische und entspannte Vorführung ist, dann gerne – egal in welchem Bereich. Aber leider sieht man häufig eher das Gegenteil.
Natürlich kann man sich jetzt die Frage stellen, ob man das ganze durch einen Besuch nicht indirekt unterstützt. Wobei es da – für mich – durchaus Unterschiede gibt. Es gibt Events da sind die Shows nur „Zusatz“ und dann gibt es welche wo eben diese im Fokus stehen und die Messestände Nebensache sind. Während ich durchaus auf Messen gehe (wegen den Leuten und Ständen), so habe ich mich z.B. bewusst dagegen entschieden ein gewisses Event zu besuchen. Es geht darum, dass verschiedene Trainer jeweils ein Pferde innerhalb weniger Monate ausbilden. Es erschließt sich mir auch nicht so ganz, warum man einen Wettbewerb daraus machen muss. Da gäbe es sicher andere Möglichkeiten um den angeblichen Hauptgedanken den Menschen näher zu bringen. Gute Pferdearbeit kann man auch anderweitig den Leuten vermitteln, dafür braucht es keinen Wettbewerb.
Gibt man sein Tier 3 Monate zum Ausbilden an einen Trainer, dann kennt dieses i.d.R. die ganzen Grundlagen (Halfter (An-/Ausziehen, Führen etc.), Hufe geben (Hufschmied), Tierarzt usw.). Das ist hier nicht gegeben aber am Ende der Zeit soll das Tier geritten werden – schon irgendwie eine Hauruckaktion. Vor allem weil beim normalen anreiten immer häufiger geschrien wird, dass 3 Monate doch viel zu wenig sind. Obwohl es als pferdefreundlich vermarktet wird, so gibt es da für mich mehrere Punkte, die ich so nicht unterstützen möchte. Auch weil es m.M.n. teils etwas falsch verkauft wird. Ja die Pferde kennen nicht viel, es sind aber KEINE Problempferde. Ein Pferd welches keine schlechten Erfahrungen mit dem Mensch gemacht hat, ist diesem gegenüber grundsätzlich nicht negativ eingestellt. Auch hier sind wir dann wieder beim Thema: Es gibt Pferde die sind für solches „Shows“ vor so einer großen Kulisse nicht gemacht, egal wie gut man trainiert. Trotzdem muss jedes Pferd in so eine große Arena, ob es Spaß daran hat oder nicht. In der Vergangenheit hat man bereits öfter gesehen, dass einige sich durchaus unwohl fühlen und Stress haben.
Als echter Pferdemensch sollte das Wohl des Pferdes immer an erster Stelle stehen, auch wenn man nur Zuschauer ist. Wenn alle immer nur klatschen, dann wird sich nichts verändert. Aber wenn niemand mehr zusieht, spätestens dann werden die Leute vielleicht anfangen nachzudenken. Ich weiß, dass so was anzusprechen immer schwer ist, gerade auch den richtigen Ansprechpartner zu finden. Zur Not darf man seine Meinung aber gerne dem Veranstalter mitteilen. Dies gilt übrigens nicht nur für negative Dinge, auch wenn eine Show gut war, darf man das gerne mitteilen. Denn man sollte zumindest die positiven Beispiele entsprechend unterstützen und stärken! So macht man die negativen automatisch „klein“. Doch dafür ist es wichtig einfach mal genauer hinzusehen und nicht alles direkt zu feiern – egal wie bekannt oder unbekannt ein Pferd-Menschpaar ist.
Zum weiterlesen:
Die häufigsten Fehler bei Zirkuslektionen
Erfolg um jeden Preis?
Vielen Dank an Maria und Hanna für die Fotos!
Hallo liebe Aline,
Ich habe bisher leider meist nicht so schöne Auftritte gesehen und frage mich auch immer wieder:
-Sehe nur ich das?
-Schaut den Pferden niemand in die Augen?
-Spürt niemand wie es den Pferden geht?
-Übertreibe ich vielleicht, bin zu kritisch?
Früher hatte ich dafür kein Auge, habe mir S-Dressur und Springreiten in Stuttgart und sogar Pferderennen in Iffezheim angeschaut.
Ohne Probleme, ohne das Leid der Tiere überhaupt zu sehen.
Heute leide ich fasst schon körperlich mit den Pferden mit, wenn es ein schlechter Auftritt ist.
Was meine ich mit schlecht? Zwanghaft, mit viel Druck…unfair dem Pferd gegenüber. Untermalt wird das ganze dann noch mit zauberhafter Musik und viel Applaus…und fertig ist eine „gelungene Show“…
Als letztes leider sogar auf der Equitana gesehen. Da war ich dann doch etwas enttäuscht….
Aber trotz allem merke ich zunehmend, wie es immer mehr Pferdemenschen gibt, die diesen Namen nämlich verdient haben! Wie Du z.B.
Für mich bist du ein wahrer PFERDE-Mensch.
Danke Dir!
Liebe Grüße,
Mona
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